Zur Entstehung der Hardecksiedlung (1)
Knapp zwei Kilometer vom Karlsruher Stadtkern entfernt liegt die Hardecksiedlung, grob betrachtet zwischen der heutigen Südtangente und der Pulverhausstraße. Das reine Wohnviertel verdankt seine Entstehung der Wirtschaftskrise 1929 und der damals sehr hohen Arbeitslosigkeit. Im Jahr 1931 entschloss sich dann die Stadt Karlsruhe, am Rand der Stadt ein Siedlungskonzept im Rahmen der “Brüningschen Notverordnung” zu verwirklichen. Hintergrund der Maßnahmen waren die Fürsorge für kinderreiche Familien und die Beseitigung der Wohnungsnot.
Für 100 Familien sollte hier Wohnraum entstehen. Vier unterschiedliche Musterhäuser gab es zunächst: „Innerhalb des Grundstücks werden die Häuser immer in gleicher Weise nach Sonne, Wind, Zugang und Garten orientiert […] und kosten in Serienherstellung 2800 Mark. Durch die Mitarbeit des Siedlers lassen sich die reinen Baukosten auf 2050 Mark herunterdrücken, so daß bei dem zur Verfügung gestellten Höchstbetrag [Darlehen] von 2500 Mark bei jedem Haus für Wege, Stallausbau und Hühnerlovi, Garten, lebendes und totes Inventar noch 450 Mark zur Verfügung bleiben“, heißt es in der Zeitung Volksfreund vom 23. April 1932.
Ein großes Projekt
Die Musterhäuser konnten im April 1932 an zwei Sonntagen besichtigt werden. Erwartungsgemäß gab es mehr als 100 Bewerberfamilien, so dass schließlich ausgelost werden musste. Am 23. Mai 1932 erfolgte der erste Spatenstich, und schon Ende August desselben Jahres waren die Häuser fertiggestellt: „Daß diese Siedlung in so kurzer Zeit fertiggestellt wurde, ist der beste Beweis dafür, mit welcher Lust und Freude, mit welchem Eifer die hundert Siedler hier gearbeitet haben, um möglichst rasch ein eigenes Heim zu bekommen […] Die Häuschen machen einen sehr guten Eindruck. Es sind zwar einfache, aber gesunde Wohnstätten mit einer schönen Wohnküche, zwei Schlafräumen, einem Lagerraum, einem Kleintierstall und sonstigem Zubehör“, schrieb am 27. August 1932 die Zeitung Badische Presse. Doch die Bauphase war alles andere als einfach: „Als wir 100 Siedler Ende Mai [1932] mit der Arbeit anfingen, haben wohl die meisten unter uns sich die Arbeit leichter vorgestellt. Da nur wenige Siedlerkameraden Leute vom Fach waren, mußte sich jeder auf die ungewohnte Arbeit umstellen. […] Nur der Gedanke an das Ende der Arbeit ließ uns körperlich aushalten“, erinnerte sich ein ehemaliger, inzwischen verstorbener Siedler.
Lebensgrundlage für die Siedler
Der Grundgedanke der Stadtrandsiedlungen war, den Siedlern eine Lebensgrundlage zu geben. Dass dies in früheren Siedlungsprojekten – nicht nur in Karlsruhe – angesichts der Arbeitsnot und der hohen Kinderzahl je Familie gescheitert war, hielt die Stadt Karlsruhe damals jedoch nicht davon ab. Eine ehemalige Siedlerin schrieb 1972 zum 40. Jubiläum der Hardecksiedlung: „Dem Grundgedanken […] wäre mit dem Haus allein nicht gedient. Wir haben daher einen großen Garten erhalten, außerdem das nötige Kleinvieh. Es ist für den Haushalt bereits eine Entlastung, wenn durch die eigene Ziege die Ausgaben für Milch eingespart werden und der Betrag für andere lebensnotwendige Dinge verwertet werden kann. Der durch die Viehhaltung anfallend Dung wird im Garten verwertet“.
Die Hardecksiedlung erhielt im Volksmund den Namen „Holzsiedlung”, zum einen weil die Siedlungshäuser aus Holz gebaut wurden, zum anderen weil die Namen der Zufahrtswege (der heutigen Straßen) Baumnamen trugen: Eichenweg, Tannenweg (1976 wegen der Eingemeindung des Stadteils Neureut in Espenweg umbenannt), Forlenweg (der 1976 aus den gleichen Gründen zum Rüsterweg wurde), Ahornweg usw.